Kunsthaus Göttingen zeigt im Januar Hollywoods erste Fotografin

Kultur

Hollywoods Starruhm wäre nichts ohne die Fotografie. Schon während der Stummfilmzeit überflutete die amerikanische Filmindustrie ihr Publikum mit schillernden Bildnissen, die schon durch die Künstlichkeit und Eleganz von Komposition, Lichtsetzung oder Retusche „größer als das Leben“ wirkten – und für die sich schließlich, um 1930, ein Begriff etablierte, der noch heute für den Glanz des Kinos steht: Glamour.

Unter den vielen Lichtbildnern, die diesen Stil gemeinsam prägten, stand in erster Reihe eine Frau: Ruth Harriet Louise (1903 -1940). Sie war die erste Person, die überhaupt von einem Filmstudio als Porträtfotografin angestellt wurde. Von 1925 bis 1930 leitete sie die „portrait gallery“ beim Branchenprimus Metro-Goldwyn-Mayer. Gerade 22 Jahre alt, wurde sie von Studiochef Lewis B. Mayer entdeckt, nachdem sie ihrer Cousine, dem Filmstar Carmel Myers, in die Traumfabrik gefolgt war. Zwischen 1925 und 1930 porträtierte sie sämtliche Stars und Regisseure, die dort unter Vertrag waren. Darunter Joan Crawford, Norma Shearer, Marion Davies, John Gilbert, Lon Chaney und natürlich die weltweit bewunderte Schönheit, die Schwedin Greta Garbo, deren Erscheinungsbild sie maßgeblich prägte. Auch wenn uns viele Posen der Stars bekannt vorkommen, sind sie häufig Einzelstücke – schließlich verlangten die mächtigen Filmzeitschriften nach Exklusivität. In den nur fünf Jahren bei MGM, belichtete Louise ca. 100.000 Negative. Nach ihr erhielten über Jahrzehnte nur noch männliche Fotografen feste Anstellungen in Hollywood-Studios. Ihr Blick veränderte auch die Sicht auf die weiblichen Stars und beflügelte eine andere, eher fetischisierende Ästhetik. Louise´s oft spielerische Arbeit mit den Stars auf Augenhöhe geriet lange in Vergessenheit – gemeinsam mit der Unschuld des amerikanischen Stummfilms. 

Fast ein Jahrhundert nachdem ihre Karriere begann, erlebt Louise nun im Kunsthaus ihre erste deutsche Ausstellung in musealen Räumen, fast ausschließlich in historischen vintage-prints. 

Ihre Bilder wurden zwar weltweit in unzähligen Tageszeitungen, Film- und Fanzeitschriften reproduziert und lieferten die Vorlagen für Magazincover, Programmhefte, Filmplakate und die besonders in Deutschland so beliebten Starpostkarten und Sammelbilder. Die Originalabzüge allerdings blieben für die Öffentlichkeit unsichtbar. Sie verblieben in einigen wenigen Zeitschriftenarchiven oder im Besitz der Stars selbst, die die ihre kostbaren Beleg-Abzüge gerne miteinander tauschten. Aus zahlreichen privaten Nachlässen und ehemaligen Zeitungsarchiven in den USA gelangten die Bilder dieser Inbetween-Ausstellung in die Sammlung des Autors und Filmkritikers Daniel Kothenschulte, der sie dem Kunsthaus Göttingen zur Verfügung stellt. Neben einzelnen Werken ihres berühmten Nachfolgers bei MGM, George Hurrell, zeigt die Ausstellung auch Louise‘s letzte bekannte Session: Ein hochfein aufgelöstes Bildnis der russischen Schauspielerin und gefeierte Schönheit Anna Sten.

Foto: (Credit: Porträt der Schauspielerin Greta Garbo, 1927. Sammlung Kothenschulte)