Das Ende des Göttinger Haushaltsbündnisses kam nicht überraschend – nur folgerichtig. Was als pragmatische Kooperation begann, ist an der eigenen Konstruktion gescheitert: zu viel Zweck, zu wenig gemeinsames Verständnis von Verantwortung.
Haushaltspolitik ist nicht nur ein Zahlenspiel. Sie ist die Übersetzung von Prioritäten in Realität. Wer gemeinsam beschließt, wofür Geld eingesetzt wird, muss sich auch über das „Warum“ einig sein. Doch genau daran fehlte es in diesem Bündnis. Entscheidungen wurden verhandelt, nicht begründet. Der Kompromiss wurde zum Selbstzweck, das Vertrauen zum Nebeneffekt. Der Bruch macht sichtbar, was lange verdeckt blieb: Strukturen, die Stabilität versprechen, aber keine Haltung tragen.
Ein Bündnis, das sich aus politischer Vorsicht bildet, bleibt anfällig – denn wer nur zusammenhält, um handlungsfähig zu wirken, ist es meist schon nicht mehr.
Der Fall Göttingen steht damit exemplarisch für eine politische Praxis, die Konflikte managt, anstatt sie zu klären. Haushalte lassen sich sanieren – aber ein politisches Klima, in dem Einigkeit zur Fassade wird, ist schwerer zu reparieren. Am Ende bleibt die Frage: Was wiegt schwerer – das gesparte Geld oder das verlorene Vertrauen in die Fähigkeit, gemeinsam Verantwortung zu tragen?
Der Haushalt war nur der Anlass. Das eigentliche Defizit liegt tiefer – in einer Politik, die den Rahmen stabil hält, während der Inhalt längst zerfällt.
Ulf Engelmayer
