Göttinger PARTEI und Volt-Ratsgruppe ruft zum Boykott der WM in Katar auf

Diskurs & Kritik

Die PARTEI und Volt-Ratsgruppe hat eine umfangreiche Stellungnahme zum Thema Katar abgegeben. Sie ruft dazu auf, die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar zu boykottieren. Wir dokumentieren diesen Text im vollen Wortlaut.

Die PARTEI und Volt-Ratsgruppe ruft dazu auf, die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar zu boykottieren. Ein Public Viewing der Veranstaltung sollte es aus Sicht der Stadtratsmitglieder in Göttingen nicht geben, ebenso sollte auf den Erwerb von Merchandising-Artikeln verzichtet werden.

Als Grund hierfür nennt die Ratsgruppe die massiven Menschenrechtsverletzungen schon während der Vorarbeiten zu dem Event sowie den zynisch anmutenden Umgang mit der Kritik daran. Während die FIFA in ihren Leitprinzipien zu Menschrechtsfragen erklärt: „Die FIFA bekennt sich zur Einhaltung aller international anerkannten Menschenrechte und setzt sich für den Schutz dieser Rechte ein.“ handelt sie diametral dazu. Die Entscheidung für Katar folgt allein kommerziellen Zielen. Hier erwartet die FIFA eine Regierung, die Arbeitsschutz und andere Standards dem eigenen Streben nach einem zukunftsfähigen Geschäftsfeld unterordnet. Nach verschiedenen Berichten sind bisher mehrere hundert Arbeiter allein auf den Stadionbauten ums Leben gekommen.

„Traurig genug, dass dies trotz all der Kritik von Menschenrechtsorganisationen und auch aus dem Sport selber nicht verhindert werden konnte.“, so Ratsfrau Helena Arndt (PARTEI) und weiter: “ Wer nun dieses Event einfach nur als Zuschauer genießen oder kommerziellen Gewinn daraus erzielen möchte, sollte sich darüber im Klaren sein, dass diese WM in besonderem Maße auf dem Leid anderer aufgebaut ist. Und sich dann fragen: „Möchte ich das? Oder möchte ich nicht vielmehr eine faire Vergabe und eine nachhaltige und menschenfreundliche Ausrichtung eines der größten Sportveranstaltungen der Welt?“

Schon länger wird die Tendenz der FIFA, Großereignisse in autokratisch geführten Ländern stattfinden zu lassen, kritisiert. Bereits 2014 gab es Kritik an der WM-Vergabe nach Brasilien, insbesondere an den Arbeitsbedingungen bei den Stadionbaustellen. Auch die Vergabe nach Russland war stark umstritten. Offenbar wird in autokratischen Systemen den Ansprüchen der Fußball-Organisation besser entsprochen als in demokratisch geführten Ländern. Die WM in Katar ist ein neuer Höhepunkt in dieser Entwicklung, der auch außerhalb der Sportberichterstattung nicht ignoriert werden kann.

Für die Göttinger Ratsgruppe fehlen zu diesem Thema vor allem eindeutige Signale und eine klare Haltung von Seiten der Politik.

„Aus unser Sicht wurde es versäumt, von politischer Seite wirklich alles zu tun um dem Gebaren der FIFA Grenzen zu setzen. Im Fußballland Deutschland sind es eher noch Sportvereine, die sich kritisch dazu äußern, während sich Politiker*innen eher bedeckt halten oder sogar auf „Dialog statt Boykott“ setzen. Wir finden, dass ein Boykott den Dialog nicht verhindert, sondern – im Gegenteil – vielleicht die Machtverhältnisse der Gesprächspartner*innen verändert. Bisher gab es offenbar für die FIFA keinen Anreiz, der groß genug war, um endlich die Mißstände zu beseitigen. Also kann man davon ausgehen dass auf der Grundlage von Ethik und Menschenwürde kein Dialog zu führen ist, sondern nur die Sprache des Markts verstanden wird.“ erklärt Ratsherr Till Jonas Hampe (Volt) und ergänzt: „Jeder Gewinn, den die WM abwirft ist ein „Weiter so“, eine Legitimation des Sumpfs aus Korruption und Machtstreben.“

Städte in Frankreich, Belgien und der Schweiz haben Public Viewing auf ihren Flächen eine Absage erteilt und sie schlicht untersagt. Ganz so weit geht man in Deutschland nicht und das ist auch gut so, meint die Ratsgruppe.

„Denn,“ so Helena Arndt abschließend „es geht nicht darum, Vorschriften zu machen, sondern es geht darum, Bewusstsein zu schaffen. Wir würden uns freuen, wenn die Göttinger Gastronomie und die Ausrichtenden auf dem Weihnachtsmarkt, auf die Übertragung der WM in ihren Kneipen und an den Ständen verzichten.“

Die Ratsgruppe solidarisiert sich mit friedlichen Gegenprotesten

Bild von Michal Jarmoluk auf Pixabay