Eine Anfrage der FDP-Stadtratsfraktion auf der letzten Ratssitzung hat zur scharfer Kritik anderer Göttinger Parteien und des Wohnprojekts OM10 geführt. Unter dem Tagesordnungspunkt Anfragen wollte die FDP-Fraktion zu folgenden Fragen eine Stellungnahme der Stadtverwaltung:
1. Wie viele ausländische Personen, nach Aufenthaltsstatus gegliedert, leben in Göttingen? 2. Wie viele Personen davon sind vollziehbar ausreisepflichtig?
3. Wie viele Abschiebungen haben im Zeitraum 01.09.2023 bis 31.08.2024 stattgefunden?
Hintergrund der Anfrage sind laut FDP die jüngsten Messerattacken in Deutschland und die daraus entstandene Migrations Debatte. Allerdings hatte die Fraktion schon in den vergangenen Monaten ähnliche Vorstöße zu diesem Thema unternommen, wie z.B. mögliche Arbeitsverpflichtungen von Asylbewerbern zur Arbeit für 80 Cent Entlohnung und die Einführung einer Bezahlkarte. Zudem enthielt sich die FDP-Ratsfraktion bei der Resolution des fraktionsübergreifenden Antrags „Göttingen bleibt stabil“ und kritisierte in der Debatte im Juni den verbalen Ausschluss von Rechten aus der Stadtgesellschaft.
Eine Sprecherin des Hausprojekts OM10 in der Göttinger Nordstadt kritisierte die Anfrage der FDP deutlich und wies auf den Kontext hin:
„Wir sehen hier eine plumpe Stimmungsmache für die Legitimierung fortschreitender Entrechtung eines Teils der Bevölkerung, die elementare Grundrechte und auch das Recht auf Asyl infrage stellt. Und, was möchte die FDP mit den Antworten machen? Das bleibt bewusst unklar und das ist der Punkt, an dem die Anfrage zur Hetze wird. Menschen in Göttingen ringen darum, hier Sicherheit und Zugehörigkeit zu finden und kulturelle Vielfalt als eine Grundlage unserer Gesellschaft zu stärken. Wir haben große Aufgaben vor uns, unsere Gesellschaft gegen nationalistische Mentalität, Hass und Menschenverachtung sowie diskriminierende und gewaltvolle Alltagspraxis quer durch die Gesellschaft zu verteidigen“
Lisa Klapproth Hausprojekt OM10
Die SPD-Ratsfraktion kritisiert ebenfalls ihren Haushaltspartner, die FDP-Ratsfraktion, für ihre populistische und stigmatisierende Anfrage „Ausländische Personen in Göttingen“ im Rat der Stadt Göttingen. „Wir sind stolz darauf, dass Göttingen Menschen unterschiedlichster kultureller Herkunft willkommen heißt. Das macht unsere Stadt aus und füllt sie mit Leben,“ so die sozialpolitische Sprecherin Insa Wiethaup. „Die Verquickung der schrecklichen Straftaten von Solingen und Mannheim mit der Fragestellung, wie viele ausländische Personen in Göttingen leben, schürt Ressentiments, die weder notwendig gewesen wären noch sachdienlich sind“, so die Fraktionsvorsitzende Elvan Tekindor-Freyjer.
„Menschen unterschiedlichster Herkunft, Kultur und Religion leben, arbeiten oder studieren in Göttingen zusammen. Als Gesellschaft müssen wir dabei natürlich die Herausforderungen und Chancen der Integrationspolitik diskutieren und auch Probleme benennen. Wir sagen aber ganz klar in Richtung FDP: Ausgrenzung und Stigmatisierung einzelner Bevölkerungsgruppen unserer Stadt ist mit uns nicht zu machen“, so die beiden Sozialdemokratinnen im Rat.
Foto: Wohnprojekt OM10 ©Radio Leinewelle (ue)