Die Grünen im Rat der Stadt Göttingen haben ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgestellt, mit dem die Einnahmesituation der Stadt verbessert und die städtischen Finanzen stabilisiert werden sollen. Hintergrund ist ein strukturelles Defizit von rund 92 Millionen Euro – ein Problem, das nach Ansicht der Fraktion vor allem auf die chronische Unterfinanzierung der Kommunen durch Bund und Land zurückzuführen ist. Dennoch sehen die Grünen Handlungsspielräume, die Göttingen eigenständig nutzen könne.
„Aus dieser Lage kommen wir nicht allein durch Einsparungen heraus“, betonen Julian Schlumberger, Co-Fraktionsvorsitzender, und Dirk Lanwert, Mitglied im Finanzausschuss. Trotz unzureichender Unterstützung von Bund und Land müsse die Stadt alles tun, um ihre finanzielle Handlungsfähigkeit zu sichern. Andernfalls drohten schmerzhafte Einschnitte, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt gefährden könnten.
Ein zentraler Ansatzpunkt ist eine mögliche stärkere Unterstützung durch die Sparkasse Göttingen. Die Grünen wollen prüfen, ob höhere Beiträge zu kommunalen Aufgaben oder eine angemessene Gewinnausschüttung möglich sind. Schlumberger verweist darauf, dass viele andere Kommunen diesen Weg bereits beschritten haben. Deshalb müsse Göttingen ebenfalls ausloten, welche Optionen bestehen.
Neben institutionellen Maßnahmen setzen die Grünen auch auf die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Denkbar seien Bürgerdarlehen, verzinste Crowdfunding-Modelle oder spezielle Anlagefonds für einzelne Projekte. Das eröffne nicht nur günstigere Finanzierungsmöglichkeiten für die Stadt, sondern gebe den Menschen vor Ort auch eine transparente und sichere Gelegenheit, in ihre eigene Stadt zu investieren.
Ein weiterer Bestandteil des Pakets ist die Einführung einer Übernachtungssteuer. Mit moderaten Beiträgen pro Nacht könnten zusätzliche Einnahmen erzielt werden – ohne die Göttinger Bevölkerung zu belasten. Da Übernachtungsgäste städtische Infrastruktur, Sauberkeit und Sicherheit mitnutzen, sei eine kleine Abgabe ein fairer Beitrag, erklärt Lanwert.
Auch eine Verpackungssteuer steht auf der Liste der Grünen. Sie soll gleichzeitig Einnahmen schaffen und den Verbrauch von Einwegverpackungen reduzieren. Weniger Müll bedeute geringere Kosten für die Stadt. Die Steuer setze genau an dieser Stelle an, so Schlumberger.
Schließlich soll geprüft werden, ob ein Wiederankauf privatisierter Stadtwerke-Anteile wirtschaftlich sinnvoll wäre. Höhere Gewinnausschüttungen und mehr kommunale Kontrolle über wichtige Infrastruktur könnten langfristig Vorteile bringen. Wenn sich eine solche Investition rechne und die Versorgungssicherheit steigere, müsse sie ernsthaft in Betracht gezogen werden, betont Schlumberger.
Mit ihrem Antrag für die Ratssitzung am 12. Dezember wollen die Grünen deutlich machen, dass Einnahmeverbesserungen ein unverzichtbarer Bestandteil einer realistischen Haushaltsstrategie sind. „Die Krise lässt sich nur bewältigen, wenn wir offen für neue Wege sind“, sagt Lanwert. Es brauche einen Mix aus Mut, Verantwortung und wirkungsvollen Instrumenten.
