Schlachthof Holzminden bedient die Nische

Natur & Umwelt

L P D – „Bis nachts um 1 Uhr haben wir 20 Bullen und acht Schafe geschlachtet, jetzt holen die Kunden ihre vorbestellten Waren ab, nachher kommt noch ein Weideschuss rein und zwischendurch sind die Schweine dran“, erklärt Bauer, Schweinemäster und Schlachthofbetreiber Oliver Loges. Geschäftig holt er aus dem Kühllager Schweinerippchen, Kotelett-Stränge und kiloweise Braten für die Kunden, die am frühen Samstagmorgen beim Schlachthof Schlange stehen. Jeden Freitag und Samstag werden im Schlachthof Holzminden im Schnitt 150 Schweine aus der Region geschlachtet. „Im Umkreis von 70 Kilometern sind wir der einzige Schachthof in Südniedersachsen“, sagt Loges, der auf sein Nischen-Dasein und volle Transparenz setzt. „Bei uns kann jeder vorbeikommen und schauen, wie der Schlachtprozess abläuft, wir haben nichts zu verbergen“, unterstreicht Bauer Loges seine Philosophie. Seine Angestellten seien ausschließlich Facharbeiter und keine Leiharbeiter, die ordentlich bezahlt würden und voll hinter dem Schlachthof stünden.

Während freitags im Schlachthof Holzminden, den es seit 1926 gibt, die Großtiere geschlachtet werden, sind samstags die Schweine dran. Die werden schon am Freitag angeliefert, damit sie sich nach erfolgter Herkunftskontrolle noch eine Nacht akklimatisieren und zur Ruhe kommen können. „Das wirkt sich positiv auf die Qualität des Fleisches aus“, erklärt Loges, der einst Steuerfachangestellter lernte, sich danach entschloss, den elterlichen Hof zu übernehmen und in Kooperation mit drei Partnern selbst 6.000 Mastschweine plus Ferkelaufzucht hält sowie Ackerbau betreibt. Vor fünf Jahren übernahm er, um seine Philosophie „Wissen, woher das Fleisch kommt“ zu leben, eine Fleischerei, in der Wurstspezialitäten hergestellt werden, und vor drei Jahren den Schlachthof Holzminden, um langfristig die Schlachtung der eigenen Schweine sicherzustellen. Nun besitzt er vier Hofläden in der Region Holzminden-Höxter und ist Arbeitgeber für 55 Mitarbeiter.

Mit dem Weihnachtsgeschäft herrscht im Schlachthof Holzminden und direkt nebenan beim Fleischgroßhandel Eilers, den Loges 2018 übernahm, Hochbetrieb. Zwar schleppen die Kunden kisten- und kiloweise ihre Ware zum Auto und bescheinigen allesamt die sehr gute Qualität der regionalen Ware, doch der Vor-Ort-Verkauf ist laut Loges nur Nebengeschäft. Der Großteil der Frischfleischwaren geht an den Großhandel sowie Fleischereifachgeschäfte und vor Corona an die Gastronomie der Region. „Leider fällt die Gastronomie aufgrund der Schließung weg, doch die Kunden kochen mehr zuhause und auf dem Land haben sie noch Kühltruhen. Neben den Edelteilen verkaufen wir vor allem an Kunden mit osteuropäischen Wurzeln auch Schnauze, Pfötchen sowie Innereien. Die wissen noch, wie man daraus leckere Gerichte kochen kann“, berichtet Loges.

In Dreiergruppen werden Schweine in die Schlachthalle gebracht. Fachmännisch setzt ein Mitarbeiter zweimal für acht Sekunden die Elektrozange an, betäubt das Schwein und achtet darauf, dass es nicht zu Verletzungen kommt. „Neben dem Tierschutzgedanken, wirkt sich das auch auf die Qualität aus“, erklärt Loges. Er ist stolz, dass das Lebensmittel- und Veterinärinstitut LAVES seinem Schlachthof vor kurzem bei einem Kontrollbesuch die Einhaltung der Tierschutzauflagen bestätigt hat. Grundsätzlich begleitet eine Tierärztin den Schlachtprozess und untersucht alle Schweine, nachdem diese aus der Wasserbadtrommel, in der die Borsten entfernt werden, kommen, dann in Hälften getrennt am Haken hängen und anschließend fachmännisch zerlegt werden. „Tönnies schlachtet Schweine für zwei Euro, wir für 25 Euro. Das sind Dimensionen, die gehst du nicht mit. Wenn für ein 125-Kilo-Schwein 80 bis 90 Euro gezahlt werden, dann kriege ich Tränen in den Augen“, sieht Loges die beherrschende Marktmacht von Tönnies und Westfleisch kritisch. „Wir bedienen hier die Nische, die es immer geben wird, um die kleinen Märkte in der Region zu bedienen. Die Nachfrage ist da und deshalb denken wir darüber nach, unsere Schlachtung weiter auszubauen“, sieht sich Oliver Loges mit seinem Konzept bestätigt und lässt aktuell einen Schau-Schweinestall zur Steigerung der Transparenz bauen. „Damit der Verbraucher lernt, dass die Wurst nicht am Baum wächst“, sagt Loges und verweist auf das gleichnamige Kinderbuch, das seine Arbeit zeigt und er gerne an Kinder und Erwachsene verteilt. Weitere Infos unter  www.fleisch-fuer-hier.de/  www.bauerloges.de www.eilers-fleisch.de

Oliver Loges Foto: Landvolk Niedersachsen

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